Die Ausstellung der Projekte und Themen des aktuellen Jahrgangs wurde ergänzt durch einen Stimmenfang – Festival-Besucher*innen wurden eingeladen, sich in Raamwerks Corona Kabine zu setzen und über Mikrofone und Kopfhörer pandemiekonform ihre Gedanken und Wünsche zur gemeinwohlorientierten kooperativen Stadtgestaltung von Potsdam zu teilen.
Die vom Alumninetzwerk der Urbanen Liga konzipierte Stadtmacher*innen-Lobby bot einen Diskussionsraum für zivilgesellschaftliche Initiativen und lokale Politiker*innen sowie Vertreter*innen der Verwaltung, sich in eins-zu-eins Gesprächen auszutauschen und gemeinsam Rezepte einer kooperativen Stadtgestaltung zu entwickeln. Analog zu einer Hotel-Lobby, jedoch im öffentlichen Raum, konnten an der Bar Cocktails bestellt werden. Diese trugen Namen wie “Vermittlung Fizz” und “Flächentini” und beinhalteten Fragen, abgeleitet vom Kooperationskodex der Urbanen Liga, die als Anstoß für neue, auf den lokalen Kontext bezogene Ideen kooperativer Stadtgestaltung von morgen dienten. Die Dialogpartner*innen, jeweils eine Person aus Politik und Zivilgesellschaft, hatten je 15 Minuten Zeit, um sich über ihre Anliegen auszutauschen und gemeinsam die Zutaten für Rezepte einer kooperativen Stadtentwicklung zu mischen.
Auf der anschließenden Podiumsdiskussion wurde über die Zutaten der Cocktails diskutiert und folgende Rezepte für eine kooperative Stadtentwicklung ausgetauscht:
FLÄCHENTINI
Welcher Zutatenmix braucht die Verwaltung, um Stadtgestaltungsinitiativen bei der Raumfindung zu unterstützen?
ZUTATEN
- Kommunaler Zugang zu Räumen
- Zeit
- Ansprechperson in der Stadtverwaltung – Vermittlung
- Politischer Wille
- Gemeinwohlsiegel
- Leerstandsmoratorium
REZEPT
Die Verwaltung kann zivilgesellschaftlichen Stadtgestaltungsinitiativen bei der Raumsuche zur Seite stehen, da sie einen besseren Zugang zu Räumen hat und Besitzverhältnisse recherchieren kann. Es braucht eine Ansprechperson in der Stadtverwaltung, die zwischen interessierten Initiativen und Eigentümer*innen von leerstehenden/untergenutzten Flächen vermittelt und Kontakt mit der Eigentümerin aufnimmt. Die Kommune kann zivilgesellschaftliche Initiativen unterstützen, indem sie leerstehende Räume und Flächen ggf. zum vergünstigten Preis anmietet. Es braucht politischen Willen, um ein zivilgesellschaftlich initiiertes Projekt vor den Interessen einer Investorin zu stellen. Denkbar wäre ein Gemeinwohlsiegel für Städte, die alle zukünftigen Vergaben von Flächen und Raumentwicklung auf gemeinwohlorientierte Kriterien prüfen. Durch ein Leerstandsmoratorium könnte Leerstand und Spekulation mit leerstehenden Liegenschaften vermieden werden, indem Leerstandsflächen unter anderem an zivilgesellschaftliche Initiativen vergeben werden.
Aperitivo auf Augenhöhe
Wie sieht ein erfolgreiches Rezept für die Einbindung der Zivilgesellschaft in die Stadtentwicklung aus?
ZUTATEN
- Begegnungsmöglichkeiten auf Augenhöhe
- Handlungsspielräume und Kooperationen
- Rahmen und Autonomie
- Aufsuchende Praxis
- Querverbindungen Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung
- Kenntnisse zusammenbringen
- Einheitliche Sprache
- Empowernde Strukturen für die Zivilgesellschaft
REZEPT
In welchem Rahmen ist eine Begegnung auf Augenhöhe möglich? Z.B. wenn zivilgesellschaftliche Initiativen, Verwaltung und weitere Akteure an einem Verhandlungstisch sitzen. Handlungsspielräume und Kooperationen sollen entwickelt werden. Innerhalb einen gesetzten Rahmens kann es eine gewisse Autonomie geben. Es braucht eine aufsuchende Praxis z.B. das Büro für Bürgerbeteiligung in Potsdam definiert den Rahmen der Herausforderungen und möglichen Lösungsansätzen immer neu. Die verschiedenen Ebenen der Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung verknüpfen, Querverbindungen herstellen (durch Werkstätten, Gremien, etc.) und spezielle Kenntnisse (z.B. Ortswissen der Bürger*innen und Fachkenntnisse der Verwaltung) zusammenbringen. Eine Sprache auf Augenhöhe im Sinne von Verständlichkeit jenseits der Behördensprache pflegen. Ein Beispiel ist das Open Source Projekt des Digitalministeriums in Taiwan, in dem alle Verwaltungspublikationen in eine einfache Sprache übersetzt werden. Nicht zuletzt geht es darum, nicht nur Informationen und Themen zu sammeln, sondern Strukturen zu schaffen, die zivilgesellschaftliche Initiativen empowern und helfen, in der Stadt kontinuierlich wirksam zu sein.
Gäste & Teilnehmende
Gäste der Stadtmacher*innen-Lobby sowie Teilnehmer*innen der Podiumsdiskussion waren Anja Engel (Rechenzentrum Potsdam), Felix Thiel (Heidehaus Babelsberg), Enrico Schönberg (Zusammenstelle Rathausblock), Konstanze Scheidt (AKS Gemeinwohl), sowie Lu Yen Roloff, Saskia Hüneke (Bündnis 90/Grüne), Carsten Linke (DIE aNDERE).
Die Diskussionsmoderation und den Stimmenfang übernahmen Luisa Gehnen und Johannes Michaelis (Bunterbeton). Das Format und die inhaltliche Ausrichtung der Stadtmacher*innen-Lobby entwickelten und servierten Henrik Vervoorts und Kristin Lazarova (Alumninetzwerk Urbane Liga e.V.). Die räumliche Umsetzung der Lobby und die Koordination der Urbane Liga on Tour in Potsdam übernahmen Laura Awad und Max Linnenschmidt (kollektiv anzetteln). Die Urbane Liga Ausstellung wurde räumlich gefasst durch die modularen Bühnenelemente von Waschbeton.
Die Diskussion samt der in der Corona-Kabine aufgenommenen Statements der Festival-Besucher*innen erscheinen bald als Podcast-Folge von Bunterbeton.